Rahmen­bedingungen für deinen Einstieg

Vielleicht fragst du dich manchmal, was du für eine nachhaltige Welt tun kannst. Was kannst du dazu beitragen, dass wir  innerhalb der planetaren Grenzen leben? Wie kannst du persönlich gegen die sozial-ökologischen Krisen aktiv werden? 

In der Öffentlichkeit verbreitet sind Vorschläge auf der individuellen Ebene: Plastik vermeiden, regionale Produkte kaufen, weniger Tierprodukte kaufen, Fahrrad fahren, Müll trennen,  usw. Das entspricht der Darstellung in den Medien. Unsere individuellen Verhaltensweisen sind aber abhängig von unserem Kontext: Gibt es überhaupt plastikfreie Alternativen, regionale Angebote, günstige pflanzliche Lebensmittel, sichere Radwege oder Angebote des öffentlichen Personennahverkehrs?

Darüber hinaus gibt es außerdem Bereiche, auf die unser individuelles Verhalten keinen unmittelbaren Einfluss nehmen kann, beispielsweise nachhaltige Lieferketten, Flächenverbrauch und Naturzerstörung für Bauprojekte oder Energienutzung in der Industrie.

Es wird deutlich: Für eine nachhaltige Zukunft braucht es Änderungen in den Rahmenbedingungen auf politischer, wirtschaftlicher und organisationaler Ebene.

Oder wie der Weltklimarat (IPCC) 2022 klar gemacht hat: „Individuelle Verhaltensänderungen reichen nicht aus, um den Klimawandel einzudämmen, wenn sie nicht in einen strukturellen und kulturellen Wandel eingebettet sind“.

Es ist also wichtig, im Auge zu behalten, dass wir einen umfassenden Wandel unserer Lebens- und Wirtschaftsweisen brauchen.

Wir sind als Menschen in der Lage, gemeinsam Neuentwicklungen voranzutreiben. Das ist die besondere Stärke unserer Spezies. Diese Fähigkeit können wir für eine gute, nachhaltige Zukunft  für alle einsetzen. 

Ok, aber was bringt es eigentlich, wenn du fürs Klima zum Beispiel auf einen Flug verzichtest, aber große Konzerne riesige Mengen Co2 in die Luft pulvern und die Politik so manche Klimaziele ordentlich verfehlt? Ist Klimaschutz als Einzelperson überhaupt sinnvoll und das schlechte Gewissen nötig?

Tatsächlich geht es auch darum, das eigene Verhalten zu ändern. Aber – das Verhalten vieler Menschen wird maßgeblich von Rahmenbedingungen beeinflusst. Dazu gehören Regeln, Preis und Zugänglichkeit von Handlungsmöglichkeiten. Wenn fliegen billiger ist als Bahn fahren, fliegen die meisten Leute eben.

Handabdruck und Fußabdruck

Um die Auswirkungen von Aktivitäten besser zu verstehen, hat Germanwatch eine Anregung vonSrija, einem 10jährigen indischen Mädchens, aufgegriffen und die Idee des „Handabdrucks“ als Gegenstück zum bekannten „CO2-Fußabdruck“ weiterentwickelt. Der Handabdruck beschreibt die Wirkung einer Aktivität auf die Rahmenbedingen von nachhaltigem Handeln anderer Menschen. Beispielsweise kann Engagement für einen Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs viele Menschen dabei unterstützen, ihr Auto stehen zu lassen.

Rahmenbedingungen verändern durch Handabdruck

Welche Einflussmöglichkeiten gibt es, die klimafreundliches Verhalten mehr Menschen nahelegen oder gar zugänglich machen? Wie kann es attraktiver werden oder zur gesellschaftlich vorgeschriebenen Norm?

„Meine Handabdruck-Vergrößerung ist die Fußabdruck-Verkleinerung anderer Menschen“

Gabriel Baunach, 2023

Dein Spielraum für Wirksamkeit

Aufgrund des umfangreichen Wandels, den es braucht, gibt weder die eine Lösung, noch kann eine Person allein diese Veränderungen umsetzen. Das heißt jedoch auch: jeder Beitrag in jedem Bereich und auf jeder Ebene kann den Wandel vorantreiben – besonders, wenn wir es gemeinsam mit anderen angehen. Wir schaffen es nur miteinander, jede:r mit den Fähigkeiten und Möglichkeiten, die ihr:ihm zur Verfügung steht.

Es gibt keine eine richtige Lösung. Keine Einzelperson kann diese Veränderungen allein umsetzen.

Es ist entscheidend, dass wir es gemeinsam schaffen und sich möglichst viele Einzelperson mit ihren individuellen Fähigkeiten und Möglichkeiten daran beteiligen.

Vielleicht überlegst du, was das Wirkungsvollste ist, was du mit deinen Möglichkeiten beitragen kannst.

Tatsächlich wirst du besonders effektiv, wenn 

  • du etwas tust, was zu deinen Stärken und deinen Interessen passt. Denn wenn du etwas gerne tust, dann wird es leichter, dranzubleiben. 
  • du deine Lebenssituation und deine Ressourcen (zeitlich, gesundheitlich, finanziell, sozial) berücksichtigst
  • du in deinem Umfeld anfängst, z.B. in deinem Alltag und privaten Umfeld, in deiner Nachbarschaft, an deinem Ausbildungs- bzw. Arbeitsplatz, in deinem Verein, in deiner Region, in deinem Wahlkreis, in deiner Berufsgruppe, in deiner Interessengruppe, …
  • du dir Verbündete suchst
  • du, zusammen mit anderen, Einfluss darauf nimmst, dass Nachhaltigkeit zum Standard wird. Es geht hier darum, dass du die Rahmenbedingungen für nachhaltiges Leben mitgestaltest, die auch für das Verhalten anderer Menschen wirksam sind, beispielsweise Regeln für Unternehmen.

Am wirksamsten ist es, wenn du dich dafür einsetzt, nachhaltiges Verhalten für alle einfach, naheliegend und bezahlbar zu machen. Dass z.B. im Supermarkt regionale und ökologische Produkte im Angebot vorne stehen. Oder dass es um Städte herum Parkmöglichkeiten für Autofahrer gibt und das Parkticket ist zugleich die Fahrkarte für den öffentlichen Nahverkehr.

Die Frage ist nicht: wie kann ich klimafreundlicher leben? Die Frage ist: wie können möglichst viele meiner Mitmenschen klimafreundlicher leben.

Die vielen Möglichkeiten können überwältigend sein. Eigentlich gäbe es an allen Ecken und Enden etwas zu tun. Das kann dazu führen, dass vor lauter Möglichkeiten gar nichts getan wird oder aber zu viel auf einmal.

Eine für sich passende Balance zu finden ist deshalb ungeheuer wichtig – für dein eigenes Wohlbefinden wie auch für den Weg hin zu einer guten, nachhaltigen Zukunft.

Handlungsmöglichkeiten aus Sicht anderer Organisationen

Unterschiedliche Organisationen setzen unterschiedliche Schwerpunkte bei den von ihnen beschriebenen Handlungsmöglichkeiten. Manches davon überschneidet sich, manches ist speziell.

  • Das Umweltbundesamt beschreibt auf seiner Seite „Nachhaltiger Konsum und Politik“ viele Blickwinkel auf das Thema, darunter auch  sechs Bereiche zum Aktivwerden.
  •  Germanwatch hat die Idee des Handabdrucks als Messgröße für die Veränderung von Rahmenbedingungen für nachhaltiges Handeln weiterentwickelt und stellt viele Vorschläge dazu dar. Darunter ist auch ein Test, um herauszufinden, was zu dir, deinen Interessen und deinen Stärken passt

Übersicht für regionales Engagement

Ein tolles Tool für zivilgesellschaftliches Engagement ist der Mitwirk-O-Mat. Vom Prinzip her ist es angelehnt an den Wahl-O-Mat: Du beantwortest in einem Selbsttest verschiedene Fragen und erhältst am Ende in der Auswertung eine Übersicht, mit welchen regionalen Initiativen deine Wünsche an Engagement am meisten übereinstimmen.

Wichtig: Der Mitwirk-O-Mat ist im Unterschied zu vorher hier empfohlenen Tools eine Übersicht für regionales Engagement. Bislang gibt es das Angebot für einige Städte in ganz Deutschland (diese sind auf der Website gelistet).

Auch, wenn deine Stadt oder Region hier nicht dabei ist, empfehlen wir den Test, weil die darin gestellten Fragen bei der Reflexion helfen können, was dir für dein Engagement wichtig ist. Außerdem kannst du dann in deiner Stadt oder Region schauen, ob es dort vielleicht die gleichen oder ähnliche Gruppen gibt wie jene, die mit deinen Testergebnissen zusammenpassen. Vielleicht wäre es auch für dich das richtige, dazu beizutragen, dass der Mitwirk-O-Mat auch für deine Stadt erstellt wird? Dann findest du hier Informationen, wie du dazu beitragen kannst.

Finde den für Dich passendsten Weg

Wenn du ein bisschen grundsätzlicher nachdenken willst, für was du stehst und welche deiner Stärken du dafür einsetzen möchtest, könnte auch die Changemaker Academy interessant für dich sein. Dort geht es darum, für was du stehst, und wie du Du Dein Potenzial und Deine Leidenschaft am besten einsetzen kannst. Sie bieten Workshops und Workbooks an, oft kostenlos. 

Du kannst auch in einer Peer-to-Peer-Gruppe herausfinden, was dich fasziniert. Und dann einen  für dich ein guten Schritt finden, dich deinem Nachhaltigkeitsziel zu nähern. Gemeinsam Dranbleiben ist ein selbstgesteuerter Gruppenprozess, bei dem es um gegenseitige Unterstützung geht, eigene Vorsätze und Herzenswünsche verwirklichen.

Hast du Fragen oder Anmerkungen?

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Hier gibt es noch ein paar Literaturempfehlungen und Videos, die auf wissenschaftlicher Basis konkrete Schritte in einen größeren Zusammenhang einordnen.

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